„Meine Drachen sollen aus großer Entfernung wirken und so den Luftraum gestalten.“
Interview mit Drachdesigner Frank Schwiemann.
Wie hast Du den Bezug zu Drachen erhalten?
Ich kann mich daran erinnern, dass ich als Kind mit meinen Eltern häufig Drachensteigen war. Das war ein Plastikdrachen mit Adlermotiv, aber auch ein Flugzeugdrachen mit rotierenden Flügeln, mit dem ich einen wunderbaren Urlaub an der Nordsee verbinde.
Die Initialzündung für meine spätere intensive Beschäftigung mit allem, was mit Drachen zu tun hat, bekam ich auf der Düsseldorfer Rheinwiese. Dort sah ich den ersten Lenkdrachen, der majestätisch Kreise an den Himmel zauberte und dabei irre Geräusche machte. Das wollte ich auch und betrat kurz später erstmals einen Drachenladen. Darauf folgten Jahre, in denen ich sämtliches verfügbares Geld in Material, Nähmaschinen und alle Zeit in den Bau von allen möglichen Drachen steckte.
Sehr schnell bekam ich Kontakt zu anderen Drachenverrückten und begann dann zu Drachenfesten auf der ganzen Welt zu reisen und meine eigenen Drachenkreationen zu präsentieren. Außerdem saugte ich die vielfältigen Drachenkulturen, Formen und Möglichkeiten auf wie ein Schwamm. Ich hatte mein persönliches Thema gefunden, um meiner Kreativität freien Raum zu lassen. Ich probierte so viel wie möglich aus und habe vor allem mit außergewöhnlichen Materialien und Formen experimentiert.
Ich habe viel darüber nachgedacht, was für mich ein Drachen ist und was er am Himmel darstellt: Es ist die „Gestaltung des Luftraums“. Ein Aspekt davon: Meine Drachen sollen vor allem auch aus großer Entfernung wirken. So entstand der Pyrodelta. Ein großer klassischer Deltadrachen mit zwei sehr langen, wallenden Schwänzen. Sehr einfach, ganz in Weiß, aber am Himmel eine sehr erstaunliche Erscheinung. Das Design ist der perfekte Drachen für Nachtflüge, im Feuerwerk. Mit einem ganzen Schwarm davon kann man ein echtes Statement an den Himmel setzen.
Für mich ist es auch immer wieder faszinierend zu sehen, dass je einfacher etwas ist, je mehr Fantasie beim Betrachter frei wird. Der Pyrodelta hat viele Namen: Schleierschwanz, Geist, Ghostdelta usw. Jeder kann in ihm etwas völlig Eigenes sehen.
Womit beschäftigst Du Dich sonst noch?
Während meines Designstudiums wurde schnell klar, dass ich mein spezifisches Material und die Formensprache schon gefunden hatte. Alles, was ich kreiere, hat etwas mit Leichtbau wie im Drachenbau zu tun. Zunächst habe ich dann mit Christine Drachenausstellungen für Museen organisiert, bei denen wir traditionelle Drachen modernen künstlerischen Drachen gegenübergestellt haben. Also der Weg der Drachen in Räume und die Frage, wie man sie möglichst effektvoll, aber auch authentisch inszeniert. Etwas später ist dann unsere Firma airformance design entstanden, die textile Objekte für Veranstaltungen, Theater, Musikshows, Fernsehen und Messebau gestaltet und herstellt.
Was schätzt Du besonders an Deiner gestalterischen Arbeit?
Die Auseinandersetzung mit den Materialien finde ich sehr wichtig. Viele meiner Drachen und Objekte sind nur entstanden, weil ich mit dem Material experimentiert habe und auch immer dem Zufall eine Chance gegeben habe. Farben, Formen und Bewegung einen Raum geben – das finde ich toll!